Sorgfaltspflichtengesetz: Europäische Lösung statt nationaler Sonderwege

Sorgfaltspflichtengesetz: Europäische Lösung statt nationaler Sonderwege

Im Europäischen Parlament steht heute ein Bericht zur Abstimmung, der die EU-Kommission auffordert, ihren ohnehin geplanten Vorschlag für eine EU-Richtlinie für unternehmerische Sorgfaltspflichten zügig vorzulegen.

Die niederländische Abgeordnete Lara Wolters (S&D) fordert nicht nur Regelungen für die Einhaltung von Menschenrechten, sondern will auch Umweltbelange und Aspekte guter Unternehmensführung aufgreifen. Außerdem sollen Konzernobergesellschaften mit Sitz in der EU auch für Schäden ihrer Geschäftspartner oder Tochtergesellschaften in Drittstaaten vor Gerichten in den Mitgliedstaaten zur Verantwortung gezogen werden können. Ausnahmen für kleine und mittlere Unternehmen soll es nicht geben. Der Handelsverband Deutschland (HDE) sieht diese Forderungen als viel zu weitgehend an.

„Selbstverständlich ziehen Unternehmen eine europäische Lösung nationalen Sonderwegen vor. Mit Blick auf globalisierte Lieferketten können schließlich nur harmonisierte Bestimmungen zielführend sein, sonst drohen Wettbewerbsverzerrungen im europäischen Binnenmarkt“, so Antje Gerstein, HDE-Geschäftsführerin für Europapolitik und Nachhaltigkeit. Europa müsse seiner Verantwortung und seinem globalen Einfluss gerecht werden. Allerdings müssten unternehmerische Sorgfaltspflichten in der Praxis umsetzbar sein und so ausgestaltet sein, dass die Unternehmen auch wirklich Rechtssicherheit erhalten. „Die Frage, ob Unternehmen die geplanten Anforderungen überhaupt kontrollieren und leisten können, sollte für die europäischen Gesetzgeber im Mittelpunkt ihrer Überlegungen stehen“, so Gerstein weiter. Völkerrechtlich seien die primären Adressaten von Menschenrechten immerhin Staaten, nicht Unternehmen. Der zur Abstimmung stehende Bericht stellt zudem viel zu hohe Anforderungen an kleine und mittlere Unternehmen. „Es ist nicht sinnvoll, alle Unternehmen unabhängig von ihrer Größe rechenschafts-und haftungspflichtig gegenüber jeglichen Beziehungen in ihren Wertschöpfungsketten zu machen. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen können solch aufwändigen Prozesse schlicht nicht leisten, sie brauchen eine angemessene Machbarkeits-Betrachtung“, so Gerstein.

Der Bericht des EU-Parlaments ist nicht bindend. Allerdings ist zu erwarten, dass die EU-Kommission einige Forderungen in ihrem für Juni angekündigten Richtlinienvorschlag für verbindliche Sorgfaltspflichten übernehmen wird. Derzeit wertet die EU-Kommission die Ergebnisse einer öffentlichen Konsultation von Stakeholdern aus, an der sich auch der HDE beteiligt hatte.

via Handelsverband Deutschland (HDE) – Aktuelle Meldungen